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Das Urheberrecht schützt Ideen, es schützt – bezogen auf Pop Musik denjenigen Künstler, der als erster eine Idee in ein Werk umgewandelt hat, also Neues geschaffen hat. Dieser Mechanismus stößt mit einer Branche zusammen, die von Inspiration und Weiterentwicklung lebt. Auch weil Akkordfolgen endlich sind, lauert stetig die Gefahr einer Ähnlichkeit – ob gewollt oder nicht. In Zeiten der Digitalisierung ist das Abrufen von Musik wesentlich einfacher, aber eben auch das Kopieren und Umwandeln. Wenn die kleinsten Ähnlichkeiten bereits Urheberrechtsklagen nach sich ziehen, bleibt vom kreativen Schaffensprozess nicht mehr viel – das Beklagen jedenfalls Künstler wie Ed Sheeran.
Urheberrechtliche Streitigkeiten sind nicht nur juristisch, sondern auch wirtschaftlich komplex, denn für den betroffenen Künstler steht meist viel auf dem Spiel und den Klagenden locken mögliche hohe Abfindungssummen. So kann eine Urheberrechtsverletzung schnell zu einer teuren Angelegenheit werden. Erst kürzlich hat der englische High Court nach vier Jahren die Entscheidung gefällt, dass Sänger Ed Sheeran für seinen berühmtesten Song „Shape of you“ aus dem Jahr 2017 nicht bei Sami Chokri und Ross O’Donoghue und deren Song „Oh Why“ aus 2015 abgekupfert hat. Damit findet ein Streit sein Ende, das Problem wurde jedoch damit nicht aus der Welt geschaffen. Denn an anderer Stelle geht es immer wieder um dieselbe Problematik, dass bekannte Musiker bei weniger Bekannten gestohlen haben sollen. So muss sich aktuell auch Dua Lipa wegen ihres Songs „Levitating“ vor Gericht verantworten. Ebenso Stars wie Mariah Carey oder Katy Perry wurden bereits Urheberrechtsverletzungen vorgeworfen. Ein Problemaufriss:
Verletzung von Urheberrechten – das Plagiat
Der EuGH hat im Jahr 2020 im Fall von Kraftwerk gegen Moses Pelham ein Grundsatzurteil gefällt, welches zumindest in der EU für Klarheit sorgen konnte. Wir haben dieses Urteil bereits dargestellt (https://www.katheraugenstein.com/metall-auf-metall-urteil-auf-urteil-der-urheberrechtsstreit-zwischen-kraftwerk-und-moses-pelham/). Grundsätzlich entschied der EuGH, dass „die Vervielfältigung eines – auch nur sehr kurzen – Audiofragments eines Tonträgers durch einen Nutzer grundsätzlich als eine teilweise Vervielfältigung im Sinne des Art. 2 Buchst. c der RL 2001/29/EG anzusehen ist und eine solche Vervielfältigung somit unter das ausschließliche Recht des Tonträgerherstellers aus dieser Bestimmung fällt“.
Ist also bereits die minimale Inspiration und Übernahme von Harmonik oder eines kurzen Melodieabschnitts ein Plagiat, wenn nicht angegeben wird, wer als Inspiration gedient hat? Zwar kann eine Urgeberrechtsverletzung trotz Übernahme von Audiofragmenten vermieden werden, wenn durch Veränderung des Fragments ein hörbarer Bezug zum ursprünglichen Werk nicht mehr nachvollziehbar ist. Popmusik zumindest lebt jedoch von einfachen Akkordfolgen, die einem schnell aus anderen Liedern bekannt vorkommen mögen. Es muss daher stets die komplexe Frage beantwortet werden: Wo endet die Kunstfreiheit und beginnt die Urheberrechtsverletzung?
Entscheidend für die Beantwortung dieser Frage ist, ob zwischen dem Originalwerk und der Adaption ein ausreichender Abstand gegeben ist und ob beide Werke als eigenständig gelten. Maßgeblich für die Abgrenzung ist dabei die Individualität des Werkes und dessen Wiedererkennungswert. Es kommt also darauf an, ob ein durchschnittlicher Hörer das neue Werk als ein solches wahrnimmt oder ob die Ähnlichkeit zum Original unverkennbar ist.
Im Fall von Ed Sheeran hat das Gericht nun entschieden, dass er Teile seines Songs nicht abgeschrieben habe, weder „absichtlich noch unterbewusst“. Das Gericht stützt sich hierbei also rein auf die subjektive Ebene.
Gerichte müssen sich mit der Frage befassen: Wo liegt die Grenze zwischen Kunst und Kopie? Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden, denn eine trennscharfe Linie lässt sich kaum ziehen.
Vor diesem Hintergrund hat sich sogar eine eigene Sparte entwickelt, die Gutachten über die Ähnlichkeit von Werken erstellt – und so musiktheoretisch analysiert, was Kopie ist und was nicht. Die Bewertung über die juristische Definition und Abgrenzung von Kunst und Kopie bleibt letzten Endes jedoch den Gerichten überlassen.