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„Metall auf Metall“, Urteil auf Urteil: Der Urheberrechtsstreit zwischen Kraftwerk und Moses Pelham
22 Jahre, 10 Urteile, alle Instanzen: Ausgerechnet ein Zwei-Sekunden-Ausschnitt des Songs “Metall auf Metall” der Band Kraftwerk hat einen langwierigen Rechtsstreit ausgelöst, der bis heute andauert und das Urheberrecht in Deutschland maßgeblich verändert hat. Worum geht es da genau?
Am Anfang steht ein sogenanntes Sample des Lieds “Metall auf Metall” der Band Kraftwerk. Der Hip-Hop-Produzent Moses Pelham entnahm einen zweisekündigen Ausschnitt des Lieds, das sogenannte Sample, und baute es in seinen Song “Nur mir” ein; allerdings ohne Zustimmung der Band. Kraftwerk gefiel das gar nicht – und verklagte Pelham wegen Verletzung von Tonträgerhersteller- und Urheberrechten auf Unterlassung und Schadensersatz.
Gang durch die Instanzen
Der Ansicht, dass es sich dabei tatsächlich um eine Rechtsverletzung handelte, dass also nur Kraftwerk eben diese zwei Sekunden Musik verbreiten dürfe, schlossen sich 2004, 2006 und 2008 Land- und Oberlandesgericht Hamburg und schließlich der BGH an. Sampling, der im Fachjargon verwendete Begriff für das Weiterverwenden von Tonspuren aus bestehenden Musikstücken, war damit nach der Auffassung der Gerichte vollständig illegal.
Doch: Der BGH ging in seinem Urteil 2008 auch auf §24 UrhG a.F. ein: Die freie Benutzung. Diese Regelung beschrieb, dass Künstler urheberrechtlich geschützte Werke verwenden dürfen, ohne den Urheber um Zustimmung zu bitten. Allerdings nur anregungsweise und wenn sich das neue hinreichend vom alten Werk unterscheidet.
Der Rechtsstreit zwischen Pelham und Kraftwerk sollte diese Regelung später noch zu Fall bringen. Zunächst aber stellten BGH und OLG Hamburg fest, dass Pelham die Sequenz auch hätte nachspielen können – damit das Sampling überhaupt nicht gebraucht hätte und § 24 UrhG a.F. im vorliegenden Falle nicht gelten könne.
Das Blatt wendet sich für Pelham und „Nur mir”
Pelham ließ sich auch die BGH-Entscheidung nicht gefallen und ging vor das BVerfG. Dort wurde ihm Recht gegeben: Der BGH habe den §24 UrhG a.F. zu eng ausgelegt, in Pelhams Kunstfreiheit sei dadurch in ungerechtfertigter Weise eingegriffen worden. Darüber hinaus müssten auch unionsrechtliche Bestimmungen in den Blick genommen werden. Hier wird die Angelegenheit komplizierter: Der EuGH teilte daraufhin auf Nachfrage mit, dass die freie Benutzung nach § 24 UrhG a.F. nicht mit der am 22. Dezember 2002 in Kraft getretenen InfoSoc-Richtlinie vereinbar sei. Vielmehr liege im Falle einer Verbreitung durch Pelham nach diesem Tag eine Rechtsverletzung vor. War das im fraglichen Zeitraum tatsächlich der Fall? Das OLG Hamburg prüfte und bejahte es.
Ein Ende in Sicht?
Eigentlich hätte das Verfahren hier enden können – vor dem 22. Dezember 2002 hätte Pelham die Rechte von Kraftwerk nicht verletzt, danach schon. Aber: In seiner Entscheidung dieses Jahres ließ das Oberlandesgericht Hamburg Revision zu: Seit dem 7. Juni 2021 gilt in Deutschland mit § 51a UrhG eine sogenannte Pastiche-Schranke. Die noch unklare Definition von Pastiche bezeichnet die Imitation von einem Werk in einem anderen, allerdings auf künstlerische oder gar unterstützende beziehungsweise wertschätzende Art. Damit wird ein neuer, ebenfalls zu beachtender Zeitraum aufgemacht, für den eine etwaige Rechtsverletzung – die das OLG Hamburg wohlgemerkt aktuell nicht sieht – vorliegen könnte.
Da allerdings noch insbesondere die unionsrechtliche Auslegung des Pastiche-Begriffes noch nicht deutlich ist, hat das OLG Revision zugelassen – die Mitglieder der Band rund um Gründungsmitglied Ralf Hütter haben sie erst am 13. Mai angenommen.
Es bleibt weiter spannend in einem Verfahren, dass stets sehr grundsätzliche Fragen zum Verhältnis von Kunstfreiheit und Urheberschutz aufgeworfen hat und verspricht, dies weiter zu tun.