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Berufungsgericht des EPG – Maßgebliche Umstände für die Änderung der Verfahrenssprache im Verfahren vor dem EPG
Berufungsgericht des EPG, Entscheidung vom 17.04.2024 – UPC CoA 101/2024 – 10x Genomics Inc. / Curio Bioscience Inc.
Das Berufungsgericht des Einheitlichen Patentgerichts hat in seiner Entscheidung vom 17.04.2024 Richtlinien für einen Antrag auf Änderung der Verfahrenssprache nach Art. 49 Abs. 5 EPGÜ, R. 323 VerfO festgelegt.
I. Sachverhalt
Die Parteien stehen sich in einem Eilverfahren vor der Lokalkammer Düsseldorf gegenüber. Beide Parteien haben ihren Sitz in den USA. Die Antragsgegnerin wurde durch eine Kanzlei mit Sitz in London vertreten. Allerdings besitzt die Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin ebenfalls eine deutsche Anwaltszulassung und beherrscht die deutsche Sprache. Die Antragsgegnerin behauptet, zu den KMU zu zählen.
Nach der mündlichen Verhandlung stellte die Antragsgegnerin einen Antrag auf Änderung der Verfahrenssprache auf Englisch, den das Gericht erster Instanz ablehnte. Gegen diese Entscheidung wendete sich die Antragsgegnerin mit der Berufung.
II. Entscheidung des Berufungsgerichts
Das Berufungsgericht hebt die Entscheidung des Gerichts erster Instanz auf.
Das Gericht stellt klar, dass bei einer Entscheidung über einen Antrag auf Änderung der Verfahrenssprache sämtliche relevanten Umstände zu berücksichtigen seien, wobei sich diese in erster Linie auf den konkreten Fall und die Position der Parteien zu beziehen hätten.
Von besonderer Bedeutung ist insbesondere die Sprache des Patents, für die sich der Patentinhaber (hier: die Antragstellerin) bei Anmeldung des Patents entschieden hat. Hat sich der Patentinhaber für eine Sprache entschieden, muss er auch damit rechnen, in dieser Sprache ein Verfahren führen zu müssen.
Relevant ist weiter die Sprache des Technologiebereichs, also die Sprache, die auf dem Gebiet der Technik primär verwendet wird.
Schließlich stellt die Staatsangehörigkeit oder der Sitz der Parteien einen parteibezogenen relevanten Umstand dar. Eine Partei muss in der Lage sein, vollständig zu verstehen, was in ihrem Namen durch ihren Vertreter und von der Gegenseite vorgetragen wird.
Hingegen kommt es nicht auf die Sprachkenntnisse des Prozessbevollmächtigten einer Partei an. Auch die Nationalität der Richter ist kein relevanter Umstand.
Ist das Ergebnis der Abwägung der Interessen der Parteien gleich, ist die Position des Antragsgegners entscheidend.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Berufungsgericht die Interessen der Berufungsklägerin an der Änderung der Verfahrenssprache höher gewichtet. Insbesondere wird die Berufungsklägerin stärker als die Berufungsbeklagte dadurch belastet, in einer anderen Sprache verhandeln zu müssen. Denn die Berufungsklägerin sei jedenfalls unstreitig kleiner als die Berufungsbeklagte.
III. Ausblick
Mit seiner Entscheidung legt das Berufungsgericht Richtlinien für einen Antrag auf Änderung der Verfahrenssprache fest. Von Bedeutung sind hier insbesondere die Sprache des Patents und die Sprache des betroffenen Technologiebereichs.
Ist eine Partei der Sprache des Verfahrens nicht mächtig, so wird dieser Umstand nicht durch Sprachkenntnisse ihres Prozessbevollmächtigten kompensiert.
Es bleibt abzuwarten, ob die Verwendung der englischen Sprache in Verfahren vor dem EPG nach dieser Entscheidung zunehmen wird. Da europäische Patente häufig in englischer Sprache abgefasst sind, ist dies ein Gesichtspunkt, der hierfür sprechen dürfte. Nichtsdestotrotz ist dies nicht der einzig relevante Aspekt.
Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger im Rahmen der R. 14.2 VerfO grundsätzlich die Möglichkeit hat, die Sprache des Verfahrens zu bestimmen.